Sonntag, 12. Oktober 2014

Auf der Loma

 


Wir haben schon viele wunderschöne Ausflüge gemacht. Jeden Donnerstag gehen wir auf die Loma, einem kreisrunden, kleinen Platz, auf dem es oft Veranstaltungen, wie zum Beispiel Konzerte, gibt. Wir tanzen dort Tänze der Indígenas, den Ureinwohnern Südamerikas. Einer in der Mitte macht es vor und alle tanzen das Selbe nach. Es ist ein Gefühl der Freiheit, schaut es Euch an und Ihr werdet genau sehen können, wie das Leben hier in Cali ist!


Vom Alltag und meiner Arbeitsstelle "Fundación Notas de Paz"

Ein besonders schöner Morgen.
Ich bin fast ein bisschen verwirrt, dass ich ausnahmsweise nicht von dem Avocadoverkäufer, der jeden Tag von neuem hoffnungsvoll durch die Straßen brüllt „Acuacateeeee“, oder dem Wackeln unseres wunderschönen Kronleuchters, wenn die Mädchen über uns im Zimmer eilig die Treppe runter sausen, oder der Alarmanlage unseres Nachbars, aufwache. Heute ist es die Kirchenglocke, die uns einen wunderschönen Sonntag verspricht. Es ist erst kurz nach sieben, ich gehe auf unsere Terrasse und genieße für ein paar Momente die Sonne, die warm auf mein Gesicht scheint. Es ist noch ziemlich still heute morgen, die Stadt, die sonst ab 6:00 hell wach ist, in der es mehr Motorräder und Motorroller als Autos gibt. Es ist schön, sich für ein Weilchen auf unsere Bambusstühle zu setzen und den schönen Ausblick zu genießen (siehe Foto des letzten Eintrages). Dafür habe ich unterhalb der Woche kaum Zeit, denn da muss ich mich schon um 7:30 auf den Weg runter zur Straße machen und vergeblichst auf meinen Jeep warten, der eine Alternative zum Bus ist, und feststellen, dass schon wieder keiner kommt. Ich nehme mir ein Taxi und fahre schnell nach Bellavista den Berg hoch in meine Einsatzstelle „Fundación Notas de Paz“. Dort wartet schon Don Philippe auf mich, der Hausmeister der Einrichtung. Oft habe ich morgens um 8:00 erst einmal Orchesterprobe, denn schon jetzt stehen viele Konzerte auf dem Plan. Es wird Gruppenunterricht angeboten, Konzertklasse, Chor (gesungen wird da nicht so viel), Pre-orquesta für die kleinen, die noch nicht im Orquesta sinfónica Juveníl mitspielen können und vieles mehr. Vormittags kommen allerdings nur die etwas älteren Kinder (ab 12 Jahren), bei denen es ziemlich schwer ist, sie zu motivieren, denn sie verschwinden gerne direkt nach der Probe. Zwischen 12:00 und 14:00 ist dann Mittagspause, in der ich mir mein Mittagessen von gestern noch einmal in der Mikrowelle der Einsatzstelle warm mache. Dann wird der Tag ein bisschen spannender. Die kleineren Kinder kommen, begrüßen mich herzlich mit „buenos tardes, Profe“, „hola Sophiii“ oder einem herzlichen Küsschen auf die Wange. Ich habe endlich was zu tun, nachdem ich einen ganzen Vormittag nicht wirklich etwas machen konnte. Mit den Kindern spiele ich Geige oder Bratsche, eine Geige habe ich direkt in der Fundación bekommen. Ab und zu werde ich gefragt, ob ich wohl Englisch spreche. Darauf hin versuche ich dann gefühlte zwei Stunden, den Kindern beizubringen, sich mit ihrem Namen vorzustellen, leider ohne Erfolg. Selbst, wenn die Wörter bei den Motivierten stimmen, kann man sie auf Grund der schlechten Aussprache nicht verstehen. Aber das ist kein Grund, die Situation einfach so stehen zu lassen. Ich werde weitermachen, aber ich frage mich trotzdem, warum die Kinder zum Teil schon mehrere Jahre Englisch in der Schule lernen und ich nicht verstehe, wenn sie mir mittags voller Zuversicht „Good morning“ sagen. Es ist schön mit den Kindern, die meisten von den ganz kleinen (5-12 Jahre) heißen Sophia, ich glaube, mindestens vier von ihnen.
Oft kommt man in Situationen, mit denen man am Anfang nicht so richtig rechnet. Eine davon war gleich in der ersten Arbeitswoche, als ein Mädchen mich begrüßte, nach meinem Namen fragte und sofort danach wissen wollte, ob ich reich sei. Was sollte man darauf nur antworten!? Ich war mir erst nicht ganz sicher, ob ich das Spanische richtig verstanden hatte, aber die Sprache war wohl weniger das Problem. Ich überlegte einen Moment und vermied eine direkte Antwort in dem ich sagte, dass es in Deutschland, genau wie hier, arme und reiche Menschen gebe. Ich kam mir aber nicht gut dabei vor, denn dieses Mädchen hat, wenn es an Europa denkt, nur reiche Menschen im Kopf und kann sich aber wohl nie ein eigenes Bild von der anderen Seite der Welt machen. Auch mit der einen der vier Sekretärinnen habe ich mich lange in der Mittagspause unterhalten. Sie hatte mich gefragt, ob das deutsche Schulsystem besser sei als das hier in Kolumbien. Ja, ich glaube schon, aber dann stand plötzlich die Frage im Raum, wer denn nun glücklicher sei. Und da bin ich mir schon gar nicht mehr so sicher. Wenn ich die Kinder in der Fundación lachen sehe und dabei von den Angestellten weiß, was manche von ihnen erlebt haben, kann ich mich unglaublich freuen, wie diese Kinder fröhlich sind und man kann sehen, dass das Lachen, das sie im Gesicht tragen, ein echtes Lachen ist.

Normalerweise darf ich im ersten Monat schon um 16:00 nach hause, danach eigentlich erst um 18:00 nach acht Stunden Arbeit, allerdings werde ich wohl früher gehen müssen, denn um die Uhrzeit wird es sehr schnell sehr dunkel und dann muss ich zuhause sein.
Wer jetzt denkt, ich darf nun nach hause, um mich vom Tag zu erholen, hat noch nie in einer WG mit 30 Leuten gewohnt...