Montag, 24. November 2014

Geburtstagswünsche...

Es ist Mittagspause. Gleich nebenan gibt es einen kleinen Imbissladen, in dem es ziemlich typisch kolumbianisches Essen gibt. Reis Fleisch, Linsen und Salat, als Vorspeise Suppe mit gestampftem Mais. Auch die Platanochips (frittierte, salzige Bananen) fehlen zum Glück nicht, denn die mag ich besonders. Zum trinken wird Agua Panela serviert, Wasser mit Limettensaft und Rohrzucker, denn das wächst hier außerhalb von Cali in großen Mengen.
Plötzlich höre ich ein leises, zartes Stimmchen sprechen. „Hola Sofi“. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich das Mädchen schon einmal gesehen habe, aber sie weiß meinen Namen, vielleicht geht sie auf die Schule in Bellavista, dem Ort, in dem ich arbeite. Diese Schule hatte ich mir für zwei Tage angeschaut, um nach einer weiteren Arbeitsstelle zu suchen.
Ich frage sie, was sie hier macht und wundere mich kaum, dass sie mir erzählt, dass sie ihrer Mutter helfe, die für mich kurz vorher das Essen zubereitet hat. Ihre große Schwester auch. Wir reden über die Ferien, die ab morgen anstehen und ich frage mich, was sie wohl die ganze Zeit allein machen würde. Wahrscheinlich das, was sie gerade in diesem Moment macht: warten, bis die Zeit vergeht. Ihre Augen fangen an zu leuchten und voller Stolz erzählt sie mir, dass sie mit ihrer Mutter und ihren beiden großen Schwestern ins Schwimmbad fahren wird. Ich frage sie, wo es eines gibt, aber das kann sie mir nicht sagen, denn vermutlich hat sie außer diesem Stadtteil noch fast keinen anderen Teil von Cali gesehen, wie viele Kinder hier in Bellavista.
Wir nehmen uns vor, dass ich öfter bei ihr vorbeikommen werde, damit wir gemeinsam Englisch üben können. Schon gleich fangen wir mit den Farben auf englisch an und probieren es dann mit den Tieren, aber mein Wortschatz ist nicht für die tropische Tierwelt ausreichend.
Ihre großen, dunklen und wunderschönen Augen schauen mich an, ganz schüchtern. Sie will mir was sagen: „Ich habe morgen Geburtstag!“. Neun Jahre alt wird sie. Sie fragt mich, ob ich sie besuchen kommen werde, um mir ihrer Mutter und den beiden Schwestern beisammen zu sein. Ich erschrecke mich, dass es mich kaum mehr überrascht, dass ein Papa wohl nicht mitfeiern wird.
Ich frage natürlich nicht danach, aber was ich wissen will ist, was sich diesen Mädchen wohl wünscht. Ich denke an meine Kindheit, an die Wunschlisten, die meine Freunde zu jedem Geburtstag und zu jedem Weihnachtsfest geschrieben haben. Ein Ponyhof von Playmobil, Puppenbetten, eine elektrische Eisenbahn oder ein Fußball. Ich weiß, dass ihr Wunschzettel anders aussehen würde, aber ich kann meinen Ohren nicht trauen, als ich höre, dass sie sich einen Termin beim Zahnarzt wünscht...

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